15.08.2019

Supervision für Juristen und Juristinnen

Juristen und Juristinnen stehen täglich in Kontakt mit Menschen in schwierigen und komplexen Lebensverhältnissen. Die Personen, die sich an sie wenden, befinden sich in einer Ausnahmesituation, sei es aufgrund eines schwerwiegenden Konflikts, einer schwierigen Lebenssituation oder der Konfrontation mit eigenem Fehlverhalten.

Sonja Ewerdt-Schlaak

Herausforderung

Juristen und Juristinnen stehen täglich in Kontakt mit Menschen in schwierigen und komplexen Lebensverhältnissen. Die Personen, die sich an sie wenden, befinden sich in einer Ausnahmesituation, sei es aufgrund eines schwerwiegenden Konflikts, einer schwierigen Lebenssituation oder der Konfrontation mit eigenem Fehlverhalten.

Dabei kommen Juristen und Juristinnen mit den Schattenbereichen menschlicher Erfahrungen in Kontakt. Sie denken sich in diese komplexen Situationen hinein, um zu sachgerechten Vorgehensweisen und Entscheidungen zu finden.  Dazu müssen sie sich nicht nur mit der Sach- und Rechtslage eingehend vertraut machen, sondern sich auch die Folgen ihrer jeweiligen Herangehensweise vor Augen führen.

Dies kann sich als schwierig oder belastend darstellen, etwa wenn das rechtlich sachgerechte Vorgehen schwerwiegende Konsequenzen für den einen oder anderen Beteiligten hat oder weil ein besonders schützenswertes Interesse im Raum steht. Für Richter und Richterinnen stellt sich zudem die Problematik der sachlich „richtigen“, aber eben auch möglichst schnellen und effizienten Entscheidung.

Dabei ergeben sich nicht nur aus der Dramatik einzelner Fälle Herausforderungen, sondern auch aus dem kollegialen Miteinander. Während sich beispielsweise im Bereich des Familienrechts die belastenden Fragestellungen, insbesondere im Hinblick auf die Gefährdung des Kindeswohls, als schwierig darstellen können, kann in anderen Kontexten die Auseinandersetzung mit einer gestörten Kommunikation problematisch sein. Gespräche und Verhandlungen laufen nicht immer „glatt“.

Lösungsweg Supervision

Supervision ist geeignet, diese schwierigen Situationen im Rechtsalltag neu zu reflektieren und sich dadurch andere Handlungsalternativen zu erschließen. Sie stellt einen spezifischen Beitrag zur Qualitätssicherung dar und gewährleistet die berufliche Weiterentwicklung.

Anders als beim Coaching steht nicht die persönliche Entwicklung im Vordergrund.

Es handelt sich vielmehr um eine geordnete und angeleitete Form des Nachdenkens mit dem Ziel, die berufliche Handlungskompetenz zu erweitern. Dabei geht es ausdrücklich nicht darum, das Vorgehen im einzelnen Fall zu bewerten oder gar zu beurteilen, sondern darum, neue Erkenntnismöglichkeiten im Umgang mit schwierigen Situationen zu gewinnen und daraus veränderte Strategien zu entwickeln.

Mediationsanaloge kollegiale Fallsupervision

Als besondere Form der Supervision für Juristen und Juristinnen hat sich die Methode der mediationsanalogen kollegialen Fallsupervision herauskristallisiert. Sie orientiert sich am Mediationsprozess und an seinen methodischen und inhaltlichen Bausteinen. Im Zentrum stehen nicht die Juristen und Juristinnen in ihrer beruflichen Persönlichkeit, sondern der jeweilige, von ihnen vorgetragene Fall.

Mediationsanaloge Supervision ist

  • selbstbestimmt
  • zukunftsorientiert
  • ergebnisoffen
  • ressourcenorientiert und
  • nach Interessen und Bedürfnissen ausgerichtet.

Der inhaltliche Schwerpunkt  liegt auf der Fallarbeit. Die Fragestellung: „wie kann ich in dem konkreten Fall zielführend weiter vorgehen?“ steht im Mittelpunkt.

Aus den von der Gruppe entwickelten Hypothesen und Optionen werden diejenigen bestimmt, die die Juristen und Juristinnen für ihr weiteres Vorgehen im konkreten Fall als hilfreich erachten. Sie selbst sollen aus den verschiedenen Optionen wählen und nur die Aspekte einbeziehen, die ihren eigenen Interessen und Bedürfnissen gerecht werden.

Es geht nicht darum, eine Aufarbeitung des Vergangenen vorzunehmen. Vielmehr sollen die Juristen und Juristinnen mit Hilfe der Gruppe in die Lage versetzt werden, eine konkrete Vorstellung vom bestmöglichen weiteren Handeln in dem konkreten Fall zu entwickeln.

Ausblick

Supervision und Coaching sind wesentliche Bausteine für die Reflexion beruflichen Handelns. Personal Development und Karriereentwicklung und die professionelle Auseinandersetzung mit fallbezogenen Fragestellungen gehen Hand in Hand.

Weil wir gute Juristen und Juristinnen lieben!

Vielen Dank an Frau Dr. Geertje Tutschka von CLP – Consulting for Legal Professionals für die Einladung zu diesem Gastbeitrag.

Sonja Ewerdt-Schlaak, M.M.

Zertifizierte Mediatorin und Supervisorin, Richterin am Amtsgericht

Ich bin seit über 20 Jahren als Richterin tätig, seit 2015 auch als Güterichterin. Im Jahr 2016 habe ich den Masterstudiengang Mediation an der FernUniversität Hagen absolviert und ergänzend eine hochschulzertifizierte Ausbildung zur Supervisorin abgeschlossen. Ich bin ehrenamtlich als Referentin und Mediatorin in der Flüchtlingshilfe sowie als Supervisorin für Streitschlichter in Schulen und Konfliktnavigatoren in der Justiz tätig.  

Mein Ziel ist es, Menschen darin zu unterstützen, in schwierigen Situationen wieder einen klaren Blick zu bekommen.

Mediation und Supervision verstehe ich als Wege, die eigenen Ressourcen zu erkennen und sie nutzbar zu machen um konstruktiv zukunftsgerichtet handeln zu können.

In meiner Freizeit liebe ich lange Spaziergänge mit meinem Hund, meinem Mann Dipl. Psych. Volker Schlaak und unseren zwei  Kindern.

Im Original am 03.10.2018 auf dem ehemaligen CLP-Blog JurCoach erschienen.

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