Interview: Dr. Alix Frank-Thomasser, Österreich
Die CLP - Interviewreihe geht in die dritte Runde: Nach der Expertenrunde sowie den Legal-Coaches geht es nun in erster Linie um besonderes Engagement in und neben dem Anwaltsberuf. Einige von ihnen sind für dieses Engagement bereits mit Preisen geehrt worden; in jedem Falle aber sind alle Kolleginnen und Kollegen in diesem Kreis sehr erfolgreich in dem, was sie tun. Das mag an der mitreißenden Leidenschaft liegen, mit der sie sich für ihre Sache engagieren. Oder an ihrem persönlichen Erfolgsrezept, was sie uns jeweils am Ende verraten.
Frau Dr. Frank, darf ich Sie bitten, sich kurz selbst vorzustellen?
2020 blicke ich auf 33 Jahre anwaltliche Tätigkeit zurück.
Würde ich diesen Beruf heute nochmals wählen?
Ja, es gibt beruflich kaum etwas Erfüllenderes für mich als rechtlich komplexe Situationen zu meistern und dabei vielleicht auch noch die Freude in den Augen meiner Kunden zu sehen, wenn ich den passenden Lösungsansatz gefunden habe.
Ich hatte allerdings das große Glück, in einer sehr spannenden Zeit - nach Studienzeit und Jahren der Praxis in Österreich und im Ausland - meine anwaltliche Tätigkeit in Wien im Jahr 1988 zu beginnen.
Ich startete als ONE WOMAN Show zunächst in einer kleinen Regiegemeinschaft gemeinsam mit einem Rechtsanwalt und Regiepartner, mit dem ich mir die Kosten der ersten Kanzleiräumlichkeiten teilte. Aber schon nach einem Jahr wuchs der Platzbedarf meiner Kanzlei und damit siedelte ich in die ersten eigenen Kanzleiräumlichkeiten. Seit über 20 Jahren arbeite ich nun gemeinsam mit meinen Berufspartnern in einer Rechtsanwaltsgesellschaft unter dem Namen Alix Frank Rechtsanwälte GmbH in Wien (www.alix-frank.co.at).
Mein Interesse in der Studienzeit galt vor allen Dingen wirtschaftsrechtlichen Zusammenhängen und dabei interessierte mich besonders der internationale Zusammenhang. In meiner Jugend lernte ich, wie wichtig es ist, Fremdsprachen zu beherrschen, vorrangig, um die Gedanken und vor allem auch die fremde Mentalität besser verstehen zu können. Die fundierte rechtliche Ausbildung und meine vier Fremdsprachen öffneten mir die Türe vieler Unternehmen, aber damals vor allem die Türe zu einem heute multinationalen Unternehmen mit Sitz in Wien, das im Jahr 1988 am Beginn einer großen Expansion stand. Dieses Beratungsmandat betrachte ich als kick-off meiner Karriere als bis heute international agierende Rechtsanwältin.
Der Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989 hat meine Karriere massiv angetrieben. Viele österreichische und westeuropäische Unternehmen begannen in den Folgejahren über die Grenze in den Osten Europas zu blicken und so kamen mir meine Sprachkenntnisse erst recht zu Nutzen. - Sehr schnell habe ich damals gelernt, dass meine fundierten österreichischen Rechtskenntnisse und ein bisschen Internationales und Rechtsvergleichendes Recht nicht ausreichen werden, um den steigenden Qualitätsansprüchen ausländischer und österreichischer Klienten gerecht zu werden. Ich habe daher nach Allianzen gesucht und zunächst begonnen, das damals noch recht kleine Netzwerk Eureseau (http://www.eureseau.com/home/), eine Allianz unabhängiger Rechtsanwaltskanzleien, gemeinsam mit den damaligen Mitgliedern aufzubauen. Ich wollte aber mehr: Jede Rechtsfrage hat auch ihre steuerrechtliche Seite! Daher lag es für mich auf der Hand, auch international unseren Klienten vernetztes Denken zu bieten, was zur Folge hatte, dass wir seit 1995 einem weltumspannenden Netzwerk/Allianz unabhängiger Rechtsanwälte, Steuerberater, Wirtschaftstreuhänder und Unternehmensberater, MSI Global Alliance (www.msiglobal.org) angehören.
Was trieb mich an, gerade Rechtsanwältin zu werden, wo doch einer gut ausgebildeten Juristin mit Fremdsprachenkenntnissen eine Reihe von Karrieremöglichkeiten in Rechtsberufen offenstehen?
Ich habe wohl immer gerne die Interessen anderer vertreten, das begann schon im Gymnasium als Klassensprecherin und endet heute damit, dass ich mich immer schon gerne, aber seit dem Frühjahr 2018 strukturiert für Frauen und deren Karrieren in Rechtsberufen im Rahmen des Wiener Vereines Women in Law/Frauen im Recht einsetze.
Die letzten 20 Jahre haben mich aber auch unseren Beruf und vor allen Dingen dessen Selbstverständnis als freien Beruf in meiner Tätigkeit als ehrenamtliche Funktionärin der Rechtsanwaltskammer Wien besser verstehen gelehrt.
Für die Unabhängigkeit unseres Berufsstandes laufend zu kämpfen und damit den Zugang zum Recht für jeden Bürger abzusichern, habe ich nicht nur als hehres Ziel verstanden:
Im Jahr 2007 habe ich die österreichische Rechtsanwaltschaft überzeugen können, dass sie als erster freier Beruf in Österreich die Schicksalsjahre 1938-1945 von insgesamt 1916 Mitgliedern der Rechtsanwaltskammern Österreichs im Rahmen einer wissenschaftlichen Fachpublikation aufarbeitet. Es ist mir für die heutige Anwaltschaft und auch für alle künftigen Anwaltskolleginnen und -kollegen wichtig, daran zu erinnern, wie schnell Recht zu Unrecht werden kann und dann immer noch vermeintlich als „Recht“ wahrgenommen wird. Dieses Wissen stärkt unseren Berufsstand und macht uns zu nachhaltigen Vertretern einer gesunden Demokratie. Im Herbst 2010 konnte ich stolz die erste Ausgabe von „Advokaten 1938“ präsentieren (www.advokaten.com). Derzeit betreue ich gerade die Herausgabe der 2. Ausgabe dieser Publikation.
Neben mir steht privat ein sehr außergewöhnlicher Mann. Wir unterstützen uns wechselseitig und teilen neben unseren vielen gemeinsamen Interessen auch unsere ganz alltäglichen „Freuden und Leiden“ mit unserem Nachwuchs. …. und wenn ich privat nicht gerade Klarinette spiele, spaziere ich mit unserem „Aussie“ namens Sydney durch den Wienerwald.
1. Was bedeuten die „Women in Law“ für Sie neben Ihrer Anwaltstätigkeit?
Gefühlt erinnert hatte ich es nicht immer leicht, in einer in den achtziger Jahren im Wirtschaftsleben und in meinem Berufsstand doch sehr vorherrschenden Männerdomäne als Frau zu bestehen und wahrgenommen zu werden. Da wäre einiges aus dem beruflichen „Nähkästchen“ zu erzählen, komische, unangenehme, aber auch sehr schöne Situationen.
Als sehr konsequente Frau habe ich letztlich immer das erreicht, was ich wirklich wollte.
Wenn ich unseren Berufsstand heute betrachte, so bedrückt es mich, dass wir mehr als die Hälfte Abgängerinnen des Jusstudiums sind, auch noch immer mehr als die Hälfte Frauen für den Anwaltsberuf vorbereiten, aber am Ende des Tages im Anwaltsberuf in Österreich maximal zu 20 % vertreten sind. Das ist kein Einzelfall im Anwaltsberuf. Auch in vielen anderen Rechtsberufen zeigen sich in Österreich, aber auch international durchaus ähnliche Bilder.
In meiner internationalen Tätigkeit habe ich viele unterschiedliche Frauenschicksale in der Industrie, im Handel, in der Politik und natürlich auch in Rechtsberufen kennengelernt. Aus anfänglichem Gedankenaustausch wurde und wird immer mehr strukturierte Vernetzung, mit dem Ziel, Frauenkarrieren in Rechtsberufen zu fördern.
Gemeinsam mit meinem beruflichen Partner Professor Mag. Mag. Franz J Heidinger haben wir im Frühjahr 2018 die national und international ausgerichtete Initiative Women in Law, Vienna ins Leben gerufen, ganz im Zeichen unserer Initiative, nur gemeinsam werden die Geschlechter den richtigen Zugang zu erfolgreicher Diversität im Unternehmen finden.
2. Wann haben Sie sich zum ersten Mal damit beschäftigt und warum?
Ich habe immer schon gerne junge Frauen und junge Männer im Zuge ihrer Ausbildung unterstützt, egal, ob bloß als gute Freundin und Ratgeberin und damit Neuhochdeutsch als Mentorin oder in meiner Funktion als ausbildende Rechtsanwältin. Dabei bleibt einem natürlich nicht verborgen, dass Frauen in herausfordernden Berufen aufgrund einer Vielzahl von außerberuflichen Herausforderungen, deren Erfüllung oft gerade von Frauen und nicht von Männern erwartet wird, unter Druck geraten. Ob der Druck von außen kommt oder selbst gemacht ist, macht wenig Unterschied. Wichtig ist, den Druck entsprechend auszugleichen.
Im Frühjahr 2018 erhielt ich eine internationale Auszeichnung als Frau im Recht. Das war dann letztlich der finale Auslöser, wirklich aktiv zu werden. Die Basis dazu bildete die langjährige Tätigkeit unserer Kanzlei im Antidiskriminierungsrecht und die beeindruckende Arbeit und Kooperation mit einer sehr weisen Rechtsanwaltskollegin und ehemaligen Präsidentin der Law Society in London, Christina Blacklaws.
3. Wie teilen Sie heute Ihre Arbeit zwischen der Kanzlei und den „Women in Law“ auf?
Eine Initiative, die auch wirklich etwas bewegen möchte, muss entsprechend strukturiert sein und bedarf natürlich auch einer entsprechenden personellen Ausstattung. Ich kann freilich als Ideengeber fungieren, aber es wäre unmöglich, neben einer vollen Anwaltstätigkeit und einem erfüllenden Privatleben, auch noch allein eine derart international ausgerichtete Initiative erfolgversprechend zu betreuen.
Daher haben wir uns recht rasch entschieden, die Initiative in einen ordentlichen Verein nach dem österreichischen Vereinsrecht mit Sitz in Wien einzubetten. Derzeit betreut ein dreiköpfiges Team die Tagesarbeit des Vereins, die sich nicht nur in der Kontaktpflege mit unseren Mitgliedern und Kooperationspartnern erschöpft, sondern auch in der Kommunikation mit der Universität Wien, wo es gelang, im Sommersemester 2020 den ersten Lehrgang Women in Law – Frauen im Recht in den Wahlfachkörben Gender Legal Studies und Legal English abzuhalten. Der Verein hat im Jahr 2019 eine erste internationale Konferenz organisiert und abgehalten. Die für 2020 geplante zweite internationale Konferenz wurde aus Gründen „Corona“ in den September 2021, konkret 9.-11. September 2021 verschoben.
Im Jahr 2020 hat der Verein gemeinsam mit dem Rechtsbuchverlag MANZ die Auszeichnung JUSTITIA für herausragende Frauen im Recht ausgelobt. Wir hoffen auf eine großartige Veranstaltung am 19. November 2020 in der feierlichen Halle des Justizpalastes in Wien.
Das zeigt deutlich die Intensität der Arbeitsaufträge des Vereins.
4. Wer sind die Mitglieder von Women in Law, Vienna?
Juristinnen und ihre männlichen Verbündeten aus allen juristischen Berufsgruppen und Fachrichtungen der Rechtsberufe.
Wir sprechen studierende, beruflich aktive und auch bereits pensionierte Juristinnen und Juristen in Österreich und Europa an. Unsere Kooperationspartner befinden sich aber auch im außereuropäischen Ausland, wie beispielsweise WOZA, Women in Law South Africa. Wir wollen diesen internationalen Gedankenaustausch, weil wir der Ansicht sind, dass wir voneinander lernen können und daher gemeinsam viel erreichen können.
Wir wollen auch ganz bewusst den Gedankenaustausch mit der Wissenschaft und der Praxis. Ich finde es ganz wichtig, eine Brücke zwischen theoretischer Auseinandersetzung und praktischer Umsetzung im Arbeitsalltag zu schlagen. Nur mit fundiertem Hintergrundwissen und Verständnis für Ursachen und Wirkungsweisen können wir mit unserer Initiative als Verein seriös und nachhaltig ein Umdenken bewirken und Veränderung erzielen.
5. Welche Rolle spielt es für Sie, sich als Juristin zu engagieren?
Ich teile einfach gerne meine persönliche Begeisterung für die Juristerei und daher ist es mir ein ganz besonderes Anliegen, diese Begeisterung weiter zu vermitteln und besonders auch jungen Kolleginnen in der Juristerei Mut zur eigenen Entwicklung zu machen.
Genau dieses Engagement gibt mir auch persönlich Kraft und Freude!
6. Wer unterstützt Sie dabei bzw. mit arbeiten Sie dabei am Liebsten zusammen?
Mein goldrichtiges Team! Am liebsten arbeite ich mit wirklich persönlich engagierten Menschen! Dann kommt die Zusammenarbeit von Herzen und was man mit dem Herzen macht, gelingt zumeist!
7. Ihr ganz persönlicher Erfolgstipp:
Sei Dir und Deinen Zielen treu und gehe achtsam mit Dir und Deinen Mitmenschen um.
Vielen herzlichen Dank.
Freuen Sie sich auf weitere außergewöhnlichen Persönlichkeiten und lassen Sie sich inspirieren!
Weitere Interviews finden Sie hier.
Mehr von Dr. Alix Frank-Thomasser, den Women in Law and den Justitia Awards finden Sie hier: