Anwaltskarriere: Erfolg im Anwaltsberuf ist kein Zufall (Interview mit Dr. Schönbohm LL.M., Linklaters, Frankfurt/M.)
Erfolg im Anwaltsberuf ist kein Zufall.
Ist es immer nur das Ergebnis harter Arbeit? Oder kommt es auch darauf an, das Richtige zur richtigen Zeit zu tun? Was ist das Geheimnis erfolgreicher Juristen? Worauf sollte man von Anfang an achten? Ergreift man wirklich jede Chancen? Und ist die Entscheidung für die Karriere tatsächlich eine Entscheidung gegen ein erfülltes Privatleben?
In unsere Reihe “Erfolg im Anwaltsberuf ist kein Zufall” stellen wir Ihnen Top-Juristen und ihr ganz persönliches Erfolgsrezept vor.
Dr. Julia Schönbohm, LL.M. (Fordham) wurde nach nur 6 Berufsjahren Partner. Sie ist spezialisiert auf grenzüberschreitende Patentverletzungsverfahren und heute Partnerin bei Linklaters in Frankfurt am Main.
Ich habe sie nach ihrem Erfolgsrezept gefragt.
Frau Dr. Schönbohm, am 27. November 2015 fand der erste PANDA University Wettbewerb für den Fachbereich „Law“ an der European Business School in Wiesbaden statt. Ich hatte das Vergnügen, Sie an diesem Tag – nebenbei gesagt: hochschwanger mit ihrem zweiten Kind – von ihrem Weg „von der Absolventin zur Partnerin“ berichten zu hören.
- Ein Fachgebiet, für welches man sich interessiert und welches einem passt, ist ein Privileg und eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg.
Ja, mein Weg „von der Absolventin zur Partnerin“ begann in Hamburg und führte über New York nach Frankfurt. Nach Abschluss meiner Promotion in Hamburg hatte ich die Möglichkeit, mich im Rahmen eines LL.M. Studienganges in den USA auf den gewerblichen Rechtsschutz zu spezialisieren. Als ich 1992 mit dem Studium begann, gab es das noch nicht als Schwerpunktbereich. Meine Kommilitonen spezialisierten sich auf das Gesellschaftsrecht und meine Kommilitoninnen auf das Arbeitsrecht. Europarecht war so mit der außergewöhnlichste Schwerpunktbereich, den es damals gab.
Ein Fachgebiet zu studieren, das einen fasziniert und in dem man arbeiten möchte, empfand ich als großes Privileg. Wenn man mit Herzblut und Leidenschaft bei der Sache ist, spüren das Mandanten, Kollegen und Vorgesetzte. Man ist dann immer besser als jemand, dem die Faszination für die Sache fehlt.
- Neben dem Fachwissen und guten Englischkenntnissen schadet eine Sensibilität für kulturelle Unterschiede nicht.
Gutes Englisch ist für die tägliche Arbeit in einer internationalen Großkanzlei ein Muss. Ich habe durch das Studium in New York mein eingerostetes Schulenglisch auf Vordermann bringen können. Man lernt nicht nur die Sprache, sondern auch die Menschen und kulturelle Besonderheiten kennen. Diese „Cultural Awareness“ erleichtert die Zusammenarbeit sehr.
- Man muss Chancen erkennen und ergreifen.
Anfang 2008 hatte ich die Möglichkeit, den Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes als Partnerin in einer internationalen Kanzlei aufzubauen. Das fand ich spannend und habe die Chance ergriffen. Das war ein Sprung in das kalte Wasser. Ob so eine Entscheidung richtig ist oder nicht, weiß man vorher nicht. Umso erleichterter ist man hinterher, wenn sie sich als richtig herausstellt. Ein bisschen Glück gehört immer dazu.
Seit Dezember 2014 baue ich diesen Bereich bei Linklaters auf. Der Schwerpunkt meiner Tätigkeit sind grenzüberschreitende Patentverletzungsverfahren. Auch das war eine tolle Chance. Ich bin froh, dass ich sie wahrgenommen habe.
- Karriere und Familie.
Inzwischen bin ich seit 15 Jahren als Anwältin tätig. In dieser Zeit hat sich viel verändert. Das betrifft insbesondere die Karrierechancen von Frauen.1915 gab es in Deutschland weniger als 5000 weibliche Studentinnen. Inzwischen ist das Verhältnis zwischen Männern und Frauen zu Beginn des Studiums und auch noch beim Berufseinstieg in Großkanzleien ziemlich ausgeglichen. Das ändert sich in den Jahren danach. Auf Partnerebene ist der Anteil der Frauen dann deutlich geringer.
Das möchte man ändern, und ich kann nur alle Frauen ermuntern, das zu ändern. Es ist es eine gute Zeit für Frauen, um in Führungspositionen zu kommen. Allerdings wollen nicht alle Frauen eine Führungsposition. Dafür gibt es viele Gründe. Ein wichtiger Grund sind Zweifel an der Vereinbarkeit solch einer Position mit einer Familie. Viele ausgezeichnete Kolleginnen schlagen nach ein paar Jahren in einer Großkanzlei einen anderen Karriereweg ein und probieren es nicht einmal aus. Das ist schade.
Welcher Karriereweg richtig ist, ist eine ganz persönliche Entscheidung. Es gibt es kein allgemein gültiges „Richtig“ oder „Falsch“, sondern nur die richtige oder falsche Entscheidung für einen persönlich. Für mich war der Inhalt der Tätigkeit ausschlaggebend. Macht einem die Aufgabe Spaß, ist man in der Regel auch erfolgreich. Für einen spannenden Job fällt es auch leichter, weniger Zeit mit der Familie zu verbringen.
Insgesamt ist es gerade für Frauen eine spannende Zeit voller Möglichkeiten. Die Türen stehen weit offen. Das lädt dazu ein, durchzulaufen und die Chancen zu ergreifen.
- Am Ende machen die Menschen den Unterschied.
Als ich mich für die erste Kanzlei entscheiden musste, war das unmittelbare Team ausschlaggebend. Meine Entscheidung habe ich nie bereut. Ich bin jeden Tag gerne ins Büro gegangen. Und ich gehe auch heute noch jeden Tag gerne ins Büro.
Wenn man nach folgendem sucht und es findet, kann eigentlich nichts mehr „schief gehen“:
- Das Team. Wichtig sind die Menschen, mit denen man zusammenarbeitet. Diese machen jeden Tag den Unterschied. Man verbringt oft mehr Zeit mit seinen Kollegen als mit seiner Familie. Man muss authentisch sein können, sich aufgehoben fühlen und auf einer Wellenlänge liegen.
- Der Inhalt. Man sollte ein Rechtsgebiet finden, das einem Spaß macht und das einem liegt. Jemand, dem die Arbeit keinen Spaß macht, wird nie so gut und überzeugend sein wie jemand, der mit Herzblut und Leidenschaft dabei ist. Das spüren Mandanten, Kollegen und Vorgesetzte.
- Vorbilder. Man sollte immer den Kontakt zu Leuten suchen, die in bestimmten Dingen besser sind und von diesen lernen.
- Einen Mentor. Man braucht jemand, der die Stärken erkennt und fördert, der einem Verantwortung überträgt und den Raum lässt, den man braucht, um sich zu entwickeln, und der einem mit Rat und Tat zur Seite steht.
- Mut. Den braucht man, um den für einen selbst richtigen Weg zu erkennen und zu gehen, egal wohin er einen führt. Das bedeutet auch, dass man sich traut, die Konsequenzen zu ziehen, wenn man feststellt, dass der eingeschlagene Weg nicht der richtige ist.
Vielen Dank.
Frau Dr. Schönbohm lebt mit ihrem Mann und ihren zwei kleinen Kindern in Frankfurt am Main und engagiert sich neben ihrer Arbeit für die Förderung von Nachwuchsjuristinnen.
Ihr persönliches Lebensmotto lautet:
Schaue wie es geht und nicht, wieso es nicht gehen könnte.
In diesem Sinne –
Herzlichst,
Ihre Dr. Geertje Tutschka, ACC
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Im Original am 24.02.2016 auf dem ehemaligen CLP-Blog JurCoach erschienen.